Die Europäische Kommission (EU KOM) stellt unter Verantwortung der Generaldirektion Migration und Inneres (DG HOME) u.a. den Inneren Sicherheitsfonds (ISF) zur Verfügung. Dieser ist Teil des "EU-Innenfonds" (Home Affairs Funds) und hat eine Stärkung der inneren Sicherheit in der Europäischen Union (EU) zum Ziel.
Die forensische Entomologie (FE) analysiert insektenkundliche Spuren zur Klärung kriminalistischer Fragestellungen und ist eine der genauesten Methoden zur Todeszeiteingrenzung, besonders dann, wenn rechtsmedizinische Techniken nicht länger anwendbar sind. Die Altersbestimmung der sich an einem Leichnam entwickelnden Insekten und deren Artenzusammensetzung erlauben die Bestimmung einer minimalen Leichenliegezeit, d.h. der Zeit zwischen der ersten Insektenbesiedlung eines Leichnams und dessen Entdeckung. Es können hierbei Zeiträume von einem Tag bis zu mehr als einem Monat auf den Tag genau bestimmt und längere Perioden grob eingegrenzt werden.
Insektenkundliche Spuren finden bei vielen weiteren forensischen Fragestellungen Verwendung, um beispielsweise die Verlagerung eines Leichnams oder die Manipulation von Tatorten nachzuweisen. Auch bei einer selbst- oder fremdverschuldeten Pflegevernachlässigung, die häufig mit einer Insektenbesiedlung zu Lebzeiten einhergeht, liefern entomologische Analysen Erkenntnisse zur strafrechtlichen Aufarbeitung.
Obwohl Insekten eine häufige und hilfreiche Spur in Kriminalfällen darstellen, werden sie sowohl in Europa als auch Deutschland weiterhin zu selten beachtet, asserviert und analysiert mit dem Ergebnis, dass insektenkundliche Gutachten immer noch eine Besonderheit sind. Dieses Ungleichgewicht lässt sich oft durch ein fehlendes Bewusstsein für die Möglichkeiten der Spur „Insekt“, aber auch durch eine Überforderung bei der korrekten Asservierung in der Routine erklären. Aus diesem Grund werden Insekten aktuell gar nicht, fehlerhaft und/oder verspätet asserviert was die nachträgliche fachgerechte Bewertung und den Beweiswert dieser Spur massiv eingeschränkt. Somit ist die forensische Entomologie trotz vielfältiger Möglichkeiten ein bei weitem nicht ausreichend genutztes Ermittlungswerkzeug.
Das Projekt zielt darauf ab, die forensische Entomologie als Methode in der kriminalistischen Fallarbeit deutschlandweit zu etablieren und professionalisieren. Im Fokus steht dabei auch die Stärkung und Verbesserung der interdisziplinären Zusammenarbeit unterschiedlicher Ermittlungsbehörden (Polizei, Staatsanwaltschaft, Rechtsmedizin).
Das Projekt besteht aus 3 Arbeitspaketen. Das erste Paket erfasst bundesweit im Rahmen einer Umfrage bei Ermittlungsbehörden, rechtsmedizinischen Instituten und Staatsanwaltschaften die Häufigkeit Insekten-assoziierter Fälle und das Bewusstsein für die Bedeutung forensisch entomologischer Methoden bei der Bearbeitung von Kapitalverbrechen. Basierend auf den Ergebnissen wird dann im zweiten Paket eine detaillierte Asservierungsanleitung inklusive eines entomologischen Spurensicherungskoffers entwickelt. Dieser enthält alle notwendigen Materialien für eine optimale Asservierung und Lagerung entomologischer Spuren. Darüber hinaus wird ein Katalog insektenkundlicher Spuren mit Erläuterungen zu den häufigsten Insektenarten, ihrer Biologie und Verbreitung angefertigt. Im dritten Paket wird ein Schulungskonzept zur Asservierung insektenkundlicher Spuren und Schulung entomologischer Arbeitsweisen entwickelt und erprobt mit dem Ziel, an Leichen sowohl im Freiland als auch in geschlossenen Räumen Insekten zu erkennen, zuzuordnen und zu asservieren.
Die Ergebnisse des Projektes werden international präsentiert und veröffentlicht. Ein europäisches Netzwerk forensischer Wissenschaftler und Kriminaltechniker wird in die Evaluation und Erprobung der im vorliegenden Projekt gewonnenen Erkenntnisse eingebunden sein. Alle Anleitungen, Tutorials und Asservierungs-Kits werden auch in englischer Sprache vorliegen und EU-weit zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus wird es im Rahmen des Projekts nationalen und internationalen Behörden ermöglicht, auf einem europaweit einmaligen Übungsgelände einer Forschungseinrichtung das Asservieren entomologischer Spuren an Tierkadavern unter realistischen Bedingungen zu trainieren und so Sicherungskonzepte zu verinnerlichen.